Tradition

Die Geschichte des SV Weiersbach

Ein Blick zurück! Ein Blick nach vorn!

Von Heinrich Werle, ehem. 1. Vorsitzender, anlässlich des fünfzigjährigen Vereinsjubiläum im Jahr 1999.

 

 

Der Blick zurück:

1949, das Jahr der Vereinsgründung des SV Weiersbach. Die Menschen standen noch immer unter dem Eindruck der schlimmen Kriegsereignisse und deren Folgen. Der Kampf ums tägliche Brot, die Beseitigung der Kriegsfolgeschäden und die Schaffung neuer Existenzgrundlagen waren die vorrangigen und erstrebenswerten Ziele der damaligen Zeit. Die erst ein Jahr zuvor vollzogene Währungsreform zeigte, insbesondere in unserem überwiegend landwirtschaftlich strukturierten Dorf noch keinen nennenswerten wirtschaftlichen Aufschwung. eine verhältnismäßig große Anzahl junger Männer aus Weiersbach mußte im Krieg ihr Leben lassen oder war vermisst. Andere befanden sich noch immer in der Kriegsgefangenschaft.

Es ist insoweit schon erstaunlich und rückblickend kaum nachvollziehbar, daß vor dem Hintergrund dieser allgemein schwierigen Zeiten und der besonderen politischen sowie wirtschaftlichen Situation sich Bürger der Gemeinde Weiersbach zusammenfanden, um einen neuen Sportverein zu gründen oder den Fußballsport, die Fußballtradition wie in den fast 20 Jahren vor dem 2. Weltkrieg in der DJK Bleiderdingen, wieder aufleben zu lassen. Letzteres würde allerdings voraussetzen, dass der SV Weiersbach als Nachfolgeverein der DJK Bleiderdingen gilt. Diese Annahme kann nicht belegt werden und bleibt nach wie vor strittig. Fest steht allerdings, daß die Fußballtradition in Weiersbach älter ist als unser heutiger SV Weiersbach und diese Tradition sicherlich Ausgangspunkt und richtungsweisend für die Gründung war.

Im Übrigen waren es sicherlich keine idealen Voraussetzungen für eine Vereinsgründung. Geld und Immobilien standen nicht zur Verfügung. Eine von der Kirchengemeinde gepachtete Wiese mit zwei Holzbalkentoren diente als Sportplatz. Von Dusch- und Umkleideräumen oder gar einem Sportheim konnte man nur träumen. Idealismus, sportlicher Ehrgeiz und Kameradschaft waren das Startkapital der Vereinsgründer.

Diese, für ein gut funktionierendes Vereinsleben unabdingbaren Tugenden standen auch in den Folgejahren bei der Bewältigung der vielfältigen und schwierigen Aufgaben im Vordergrund. Geld fehlte auch weiterhin an allen Ecken und Enden. Sponsoren gab es seinerzeit nicht. Die sehr geringen Mitgliedsbeiträge von knapp unter 100 Mitgliedern reichten gerade mal zur Bestreitung der laufenden Kosten wie Verbandsabgaben, Versicherungsbeiträge, Porto und Geschäftsbedarf. Die Anschaffung von Trikots für die 1. und 2. Mannschaft war schon eine größere Investition, die nur getätigt werden konnte, wenn anlässlich eines Sportfestes oder der Weihnachtsfeier bzw. eines Theaterabends einmal einige Hundert Mark eingenommen werden konnten. Unsere 1. Mannschaft spielte in der untersten Kreisklasse. Die erzielten Platzeinnahmen reichten kaum zur Deckung der Schiedsrichterkosten, geschweige denn zur Finanzierung der Kosten des Spielbetriebes oder von Anschaffungen und Investitionen. Ja, da waren auch noch die Geimeinde, der Landkreis und die Sportverbände. Aber auch denen fehlte das Geld für den eigenen Wiederaufbau und die wichtigen Dinge der Daseinsvor- und fürsorge.

Das Sportförderungsgesetz gab es noch nicht und damit auch keine Verpflichtung des Staates, einem neu gegründeten Verein mit finanziellen Mitteln unter die Arme zu greifen. Daraus ist unschwer zu erkennen, vor welchen Problemen die Vereinsmitglieder damals standen.

Doch sie hatten einen stark ausgeprägten Gemeinschaftsgeist und einen unbändigen Willen diesen neuen Sportverein nicht nur am Leben zu erhalten sondern auch nach vorne zu bringen. Sie hatten ein weiteres, die Jugend, denn das Freizeitangebot in Weiersbach war damals, anders als heute, fast ausschließlich der Sport und die Betätigung im Sportverein. Kaum ein Jugendlicher hatte in den 50er Jahren ein Auto oder Motorrad und war insoweit in seiner Mobilität doch sehr stark eingeschränkt. Daneben spielte auch die schlechte finanzielle Situation der Menschen, insbesondere der Jugend eine nicht unbedeutende Rolle für den Zusammenhalt und die starke Gemeinschaft. Das Resultat war, die Jugend aus dem Ort blieb am Ort, verbrachte seine Freizeit im Ort und konnte problemlos für den Sportverein und den Fußballsport gewonnen werden.

So erklärt sich auch, daß der Fußball beim SV Weiersbach bis in die heutige Zeit die dominierende Rolle spielt. Zwar bildeten sich später eine Tischtennis-, und Tennisabteilung sowie eine Frauengymnastikgruppe, die sich aber aufgrund der Vormachtstellung der Fußballabteilung, daraus folgend auch mangelndem Interesse, möglicherweise aber auch wegen fehlender Akzeptanz innerhalb der Vereinsführung nicht sehr lange hielten. Dennoch waren es gerade diese Abteilungen, die Anfang der 70er Jahre dazu führten, dass Frauen und Mädchen vermehrt Mitglieder im SV Weiersbach wurden.

Nach den schwierigen Anfangsjahren begann Ende der sechziger Anfang der siebziger Jahre die Blütezeit des SV Weiersbach. Basis war nach wie vor die positive Grundeinstellung der Mitglieder zum Verein. Sportliche Erfolge und zukunftsorientierte Investitionen wie der Bau der Sporthalle 1969 (Baubeginn in 1968- Fertigstellung in 1969), der Anbau der Dusch- und Umkleideräume sowie des Sportheimes im Jahr 1972 wirkten zusätzlich motivierend. Zum 25-jährigen Jubiläum konnten wir im Jahr 1975 einen neuen Tennenplatz einweihen.

Es zwängt sich die Frage auf, kam der SV Weiersbach urplötzlich zu Reichtümern? Keineswegs, das großartige Engagement der Mitglieder und die zwischenzeitlich gesetzlich geregelte Förderung der Vereine mit vereinseigenen Anlagen ermöglichten diese Investitionen. Selbstverständlich hatte sich auch der Verein durch jahrelange solide Arbeit und sparsamster Wirtschaftsführung die notwendige Finanzgrundlage geschaffen. Die ehrenamtliche Arbeit zahlte sich in dieser Zeit für den Verein noch aus, da sich der Staat bzw. der Fiskus in der steuerlichen Behandlung der Vereinseinnahmen noch wohlwollend zurückhielt.

Mit dem Bau des neuen Sportheimes im Jahr 1992 und dem Umbau des Sportplatzes in einen Rasenplatz fanden die Investitionen ein vorläufiges Ende. Es waren jedoch bis dahin in der relativ kurzen Vereinsgeschichte die besten Voraussetzungen für die sportliche und kulturelle sowie gesellschaftliche Betätigung geschaffen.

Ich möchte den Blick zurück mit der Feststellung abschließen, daß wir im fünfzigsten Jahr des Bestehens auf eine sehr erfolgreiche Vergangenheit zurückblicken dürfen und auf das zu Recht stolz sein können, was durch die tatkräftige, beispielhafte und engagierte Mithilfe aller Mitglieder gemeinsam geschaffen wurde.

 

Der Blick nach vorn:

1999, das Jahr des 50-jährigen Vereinsjubiläums des SV Weiersbach. Wir gehören heute einer Wohlstandsgesellschaft an. Im Vordergrund steht häufig, ja viel zu oft, das eigene „Ich“. Es hat sich ein Wandel von der Gemeinsamkeit zum Individualismus vollzogen.

Dennoch, es präsentiert sich in Weiersbach ein noch intakter Verein mit über 380 Mitgliedern, einer 1. Mannschaft in der Landesliga, eine 2. Mannschaft in der Kreisklasse, eine Altherren-Mannschaft und Junioren in den Altersklassen A bis F der Jugendspielgemeinschaft Hopstädten-Weiersbach-Gimbweiler. Die Sportanlagen sind relativ neu und entsprechen den sportlichen und kulturellen sowie gesellschaftlichen Ansprüchen des Vereins. Dem Grunde nach könnten wir gelassen und zuversichtlich in die Zukunft blicken.

Wir können dies auch, dürfen dabei aber nicht vergessen, dass dem SV Weiersbach in seiner heutigen Position und Funktion im Sport und gesellschaftlichen Leben in unserer Gemeinde ein hohes Maß an Verantwortung auferlegt ist. Ob wir dieser Aufgabe auch in der Zukunft gerecht werden können, hängt ganz entscheidend davon ab, daß sich die personellen und materiellen Voraussetzungen nicht wesentlich verändern.

Die derzeitige Entwicklung lässt jedoch keine allzu optimistische Prognose zu. Unserer Jugend steht heute ein alternatives Überangebot an Freizeitbetätigungen zur Verfügung, welches den individuellen Wünschen und Bedürfnissen des Einzelnen eher entspricht als ein Engagement in einem Verein oder in einer Mannschaft. Egoismus und eine ständig zunehmende „Null-Bock“ Mentalität der Jugend stellt die Vereine, auch den SV Weiersbach, vor große Probleme.

Hier gilt es als erstes anzupacken. Es muß uns gelingen, den jungen Menschen Sinn und Zweck sowie die große Bedeutung des Vereins für die Gesellschaft zu vermitteln und ihr Interesse am Verein sowie für die gemeinsame Freizeitgestaltung wieder zu wecken. Wir, die wir heute Verantwortung tragen, müssen unser Handeln stets unter dem Motto sehen „Wer die Jugend hat, hat die Zukunft“.

Aber auch andere Faktoren trüben die Aussicht auf eine gute Vereinszukunft. Die fortschreitende Kommerzialisierung des Sports wirft heute schon bei den Amateurvereinen teils unüberbrückbare finanzielle Probleme auf. Es beginnt mit den durch den DFB festgesetzten Entschädigungen beim Vereinswechsel über Handgelder und Punkteprämien bis hin zu Monatsgehältern für aktive Spieler. Wer kann unter diesen Bedingungen überhaupt noch eine Mannschaft am Spielbetrieb teilnehmen lassen, wo doch infolge des eindeutigen Zuschauerschwundes und fehlender Sponsoren die Ausgaben dafür nicht mehr gedeckt werden können. Der ein oder andere Verein, auch in unserer unmittelbaren Umgebung, musste die Segel streichen und die Mannschaft abmelden, ja sogar das Konkursverfahren beantragen. Hier muß die Frage erlaubt sein, hat unsere oberste Fußballorganisation den Blick nach unten verloren, spielen die Amateurvereine für ihn keine Rolle mehr, oder warum läßt man uns mit diesen Problemen alleine?

Ein weiteres kommt hinzu. Die gesellschaftspolitische Bedeutung der vielen ehrenamtlich geführten Sportvereine wird von allen Politikern sowohl auf der kommunalen Ebene als auch auf der Landes- und Bundesebene anerkannt. Sobald es aber um die finanzielle Unterstützung der Vereine, insbesondere der Vereine mit vereinseigenen Anlagen geht, entzieht sich die öffentliche Hand jeglicher Verantwortung und Zuständigkeit. Das Sportfördergesetz hat lange nicht mehr seine ursprüngliche Bedeutung und seinen früheren Stellenwert. Ich möchte an dieser Stelle nur das sogenannte „Simmerner Urteil“ erinnern, das den Kommunen verbietet, bei unausgeglichenen Haushalten Zuwendungen an Vereine zu geben. Nicht unerwahnt bleiben darf, dass kaum ein Verein, wie z.B. der SV Weiersbach, mit Sportplatz, Sportplatzgebäude und Sporthalle in der Lage ist, die hohen laufenden Unterhaltungskosten, ganz zu schweigen von den Kosten für notwendige Erneuerungen, aus den Sporteinnahmen und Mitgliedsbeiträgen zu finanzieren. Die Vereine sind gezwungen, auf wirtschaftlichem Gebiet tätig zu sein, um mit diesen Einnahmen den Sport und die Sportanlagen zu bestreiten.

Dies wäre so ja noch vertretbar! Aber „Vater Staat“, kassiert von diesen Einahmen, nach Belassung eines kleinen Freibetrages, rund 50% Gewerbe- und Körperschaftssteuer. Ich sehe darin eine Bestrafung der Arbeit der ehrenamtlich tätigen Vereinsmitglieder. Auch hier ist unser Fußballbund gefordert. Wenn Vereinen mit ähnlicher Stuktur und gleichen Problemen in Zukunft nicht spürbar geholfen wird, werden diese die für die Gesellschaft so wichtige Aufgabe in der Jugendarbeit nicht mehr bewältigen können. Darüber hinaus werden sich unter diesen Bedingungen immer weniger Mitglieder bereit zeigen, eine ehrenamtliche Aufgabe im Verein zu übernehmen. Für wahr eine schlimme und bedrohliche Entwicklung, der wir ohne Hilfe von außen kaum Einhalt gebieten können.

Trotzdem oder gerade deswegen rufe ich im Jubiläumsjahr alle Mitglieder des SV Weiersbach auf, sportlichen Ehrgeiz, Idealismus und Kameradschaft wieder in den Verein zu tragen und zu praktizieren so wie unsere Gründungsmitglieder es uns vorgemacht haben.